Keine Zusammenrechnung älterer Straftaten mit einer neueren Verurteilung im Rahmen der Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG und § 17 Abs. I S. 2 BJG

Der Mandant war wie folgt verurteilt worden:

Urteil vom 14.03.2006:
Vorsätzliche Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, Bankrott und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 13 Fällen zu 210 Tagessätzen.

Das Urteil wurde rechtskräftig am 14.03.2006.
Fünf Jahre waren verstrichen am 14.03.2011.

Urteil vom 14.03.2013:
Wegen Betrugs nach § 263 Abs. I StGB.
Rechtskräftig seit 02.04.2013.
40 Tagessätze

Obwohl die zweite Verurteilung vom 14.03.2013 deutlich nach dem Ablauf der Sperrfrist von fünf Jahren nach der ersten Verurteilung (14.03.2006) erfolgte und obwohl weder eine Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz tangiert war, hatte das Landratsamt Zweifel, ob die beiden Verurteilungen nicht zusammengerechnet werden müssten, weil nach dem Wortlaut des § 5 Abs. II Nr. 1 WaffG eine Auslegung denkbar sei, wonach nur nach der letzten Verurteilung ein Zeitraum von fünf Jahren noch nicht verstrichen sein darf und dann frühere, auch weiter zurückliegende Verurteilungen, berücksichtigt werden könnten.

Die vom Landratsamt zu Rate gezogene übergeordnete Behörde, die Regierung, bestärkte zunächst das Landratsamt in dieser bürgerunfreundlichen Gesetzesauslegung, obwohl seit der ersten Verurteilung vom 14.03.2006, rechtskräftig am selben Tage, mehr als fünf Jahre verstrichen waren. Hätte der Mandant ab dem 14.03.2011 (und nicht erst nach der 2. Verurteilung vom 14.03.2013) einen Jagdschein beantragt, dann hätte ihm der Jagdschein erteilt werden müssen.

Der Unterfertigte verwahrte sich gegen die Zusammenrechnung und Zusammenschau zweier Straftaten, die in keinem rechtlichen Zusammenhang stehen und die, wäre der Jagdschein erteilt worden, keine Berücksichtigung hätten finden können, weil nur 40 Tagessätze durch das Amtsgericht ausgesprochen worden waren.

Es wurde vom Unterfertigten auch geltend gemacht, dass es unzulässig ist, auf das Bundeszentralregistergesetz abzustellen und auf die dort festgelegten Tilgungsfristen. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass das Waffengesetz nicht auf das Bundeszentralregistergesetz abstellt, sondern auf eine Fünfjahresfrist, sofern die Verurteilung die Zahl von 60 Tagessätzen erreicht.

Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass auch die Vorschrift des § 5 Abs. II Nr. 5 WaffG keine Anwendung finden kann, wonach bei wiederholtem oder gröblichen Verstoß gegen die Vorschriften des Waffengesetzes, des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz, Unzuverlässigkeit unterstellt werden kann. Die zweite Verurteilung des Amtsgerichts vom 14.03.2013 wegen Betrugs hatte jedoch mit den vorerwähnten Straftaten des § 5 Abs. II Nr. 1 c) WaffG nichts zu tun. Es wurde insbesondere geltend gemacht, dass eine Jagdscheinversagung bis zum "Sankt-Nimmerleinstag" begründet werden könne, wenn auch Straftaten in die Sperrfrist von fünf Jahren einbezogen werden dürften, deren Sperrfrist längst abgelaufen ist. Das Landratsamt hatte hier von einer "atypischen Fallgestaltung" gesprochen.

Es ist der Unteren Jagdbehörde positiv anzurechnen, dass sie den Zweifeln des Unterfertigten an dieser Zusammenrechnung von zwei Straftaten, zwischen denen sieben Jahre verstrichen waren, nachgegangen ist. Die Behörde hat ein Urteil des Bayerischen Verwaltungshofs vom 25.10.2012 (21 ZB 12.539) als einschlägig anerkannt und auf den vorstehenden Fall angewendet:

Die Verurteilung aus dem Jahre 2006 kann dem Antrag auf Wiedererteilung der Jagdkarte nicht entgegengehalten werden, da seit der Rechtskraft des Urteils (14.03.2006) mehr als fünf Jahre verstrichen waren.
Die Verurteilung aus dem Jahre 2013 zu 40 Tagessätzen reicht allein für die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht aus.
Der VGH verwies darauf, dass eine andere Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG dem Sinn und der Systematik des Waffengesetzes widerspräche.

Der Gesetzesgliederung ist zu entnehmen, dass Personen, die wegen eines Verbrechens oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden sind, für die Dauer von zehn Jahren nach Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung die für einen Waffenbesitz erforderliche Zuverlässigkeit zwingend nicht mehr besitzen (§ 5 Abs. I Nr. 1 a) u. l) WaffG).

Bei weniger schwerwiegenden, vorsätzlichen Straftaten "ohne Waffenbezug" mit einer Verurteilung zu mindestens 60 Tagessätzen, ist die waffenrechtliche Zuverlässigkeit regelmäßig auf die Dauer von fünf Jahren ausgeschlossen.
Geldstrafen von weniger als 60 Tagessätze wegen einer vorsätzlichen Straftat sollen nach dem Gesetz nur dann die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit begründen, wenn sie mindestens zweimal rechtskräftig innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren verhängt werden (§ 5 Abs. II Nr. 1 a) WaffG).

Eine erfreuliche Entscheidung des VGH zugunsten der Waffenträger, die eher zu den Ausnahmen zählt, weil die Tendenz der Verwaltung im Rahmen beruflicher Fortbildung dahin geht, das Gesetz eher zum Nachteil des Antragsstellers anzuwenden. Wie oft würde man sich eine solche bürgerfreundliche Betrachtungsweise wünschen!

Augsburg, den 17.07.2014
Thomas Kroder
Rechtsanwalt

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