Neues zur Schlüsselaufbewahrung vom OVG Lüneburg

Bei der Aufbewahrung von Waffen sind die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um einen Zugriff durch Nichtberechtigte auszuschließen. Bei Waffenschränken ohne Zahlenschloss stellt sich hierbei praktisch oft die Frage nach der korrekten Aufbewahrung des Schlüssels zum Waffenschrank.

1. Alte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen

Mit Urteil vom 23. Oktober 2023 (Az: 20 A 2384/20) entschied das OVG Nordrhein-Westfalen, dass für die Aufbewahrung von Schlüsseln zu Waffenschränken dieselben Sicherheitsstandards gelten müssen wie für die Aufbewahrung von Waffen und Munition selbst.

Damit konkretisierte das OVG NRW die Aufbewahrungsvorschriften bezüglich des Waffenschrankschlüssels und schaffte insofern Rechtsklarheit. Der Gesetzgeber hat bisher keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben zur richtigen Verwahrung der Schlüssel gemacht. Nach der Entscheidung des OVG NRW muss die Aufbewahrung des Schlüssels derselben Sicherheitsklasse entsprechen, wie der Waffenschrank selbst. In der Praxis bedeutet dies, dass der Schlüssel zum Waffenschrank nur in einem anderen Behältnis aufbewahrt werden darf, das denselben Sicherheitsstandards entspricht.

Durch die Entscheidung des OVG NRW sahen sich viele Waffenbesitzer gezwungen, ihre bisherigen Praktiken zur Schlüsselaufbewahrung zu überdenken und gegebenenfalls neue Waffenschränke für die Schlüsselaufbewahrung anzuschaffen.

2. Neue Entscheidung des OVG Lüneburg

Die eigentlich (immerhin) klare Situation wurde nun durch eine aktuelle Entscheidung des OVG Lüneburg relativiert. Im Urteil vom 27.5.2024 (Az.: 11 LB 508/23) erklärt das OVG Lüneburg, dass es die Rechtsauffassung des OVG Nordrhein-Westfalen nicht für zutreffend hält.

Der Entscheidung des OVG Lüneburg lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Tochter des Waffenbesitzes verschaffte sich Zugang zu seinem Waffenschrank, indem sie den Schlüssel aus seinem „Versteck“ entwendete. Dieses bestand daraus, dass der Betroffene den Schlüssel hinter seinem Schreibtisch in einer Tabakdose verwahrte. Um an den Schlüssel zu gelangen, musste der Schreibtisch um einen halben Meter verrückt werden. Den Aufbewahrungsort habe der Waffenbesitzer laut seinen Angaben nie verraten, daher müsse seine Tochter ihn beobachtet haben. Der Schlüssel sei schon seit 1975 an dieser Stelle versteckt gewesen.

Das OVG Lüneburg äußerte sich folgendermaßen:

(1) {…} Die Begrifflichkeit „erforderliche Vorkehrungen“ beinhaltet in zweifacher Hinsicht einen unbestimmten Rechtsbegriff: Vorkehrungen können der Art nach alles Mögliche sein. Auch dem Maß nach bleibt auf dieser abstrakt-generellen Ebene offen, was im konkreten Einzelfall erforderlich ist {…}. Soweit der Verordnungsgeber auf Grundlage von § 36 Abs. 5 WaffG in § 13 AWaffV spezifischere Vorgaben festgelegt hat, beziehen sich diese ausschließlich auf Waffen und Munition, nicht auch auf Schlüssel zu betreffenden Aufbewahrungsbehältnissen oder -räumen. Der Wortlaut der Vorschriften gibt daher nicht her, dass Schlüssel zu Waffen- und Munitionsschränken in Behältnissen aufbewahrt werden müssen, die ihrerseits den in § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV enthaltenen technischen Sicherheitsstandards entsprechen.

Weiter führt das OVG Lüneburg aus:

Die Argumentation des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 30.8.2023 – 20 A 2384/20– juris Rn. 64), ein erleichterter Zugriff auf Schlüssel zu deren Behältnissen führe dazu, dass das gesamte Sicherheitsniveau der Verwahrung auf dasjenige sinke, auf dem die Schlüssel (als „schwächstes Glied der Kette“) verwahrt würden, vermag den Senat auch insofern nicht vollständig zu überzeugen, weil dann auch der Schlüssel zu dem Behältnis, in dem sich der Schlüssel zum Waffenschrank befindet, wiederum in einem den Anforderungen nach § 13 AWaffV entsprechenden Behältnis aufbewahrt werden müsste. Letztlich liefe die so entstehende „Endloskette“ auf ein Verbot von mit Schlüsseln zu verschließenden Waffen- und Munitionsschränken hinaus. Die Einführung eines derartigen – auf Grundlage der aktuellen Vorschriften bisher, wie ausgeführt, nicht bestehenden – Verbots fällt aus Sicht des Senats in den Zuständigkeitsbereich des Gesetz- oder Verordnungsgebers.

Dem Betroffenen des oben beschriebenen Falles half diese Klarstellung jedoch nichts. Ihm wurde die Unzuverlässigkeit unter anderen aus dem Grund zugeschrie-ben, da er den Schlüssel über 50 Jahre hinweg an derselben Stelle „versteckte“ und seine Tochter ihn so beobachten und das Versteck ausfindig machen konnte.

3. Handlungsempfehlung

Waffenbesitzern kann nur dringend geraten werden, den Schlüssel zum Waffenschrank in einem Sicherheitsbehältnis derselben Sicherheitsklasse wie die Waffen selbst aufzubewahren und damit der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen zu folgen. Aus der Entscheidung des OVG Lüneburg wird offensichtlich, dass im Falle eines unbefugten Zugriffs in der Regel davon ausgegangen werden muss, dass der betroffene Waffenbesitzer daneben nicht die „erforderlichen Vorkehrungen“ getroffen hat und das Versteck nicht sicher genug war. Ferner Schreiben bereits einzelne Waffenbehörden die Waffenbesitzer in ihrem Zuständigkeitsbereich an und teilen mit, dass behördlicherseits von einer Aufbewahrungspflicht entsprechende Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen ausgegangen wird und anderenfalls eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit anzunehmen ist. Für Besitzer von Waffenschränken mit Schlüsseln ist z.B. die Anschaffung eines kleinen Kurzwaffentresors mit Zahlenschloss eine geeignete Option, um „auf der sicheren Seite“ zu sein.

Daniel Iven
Rechtsanwalt

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